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Spaziergang für den Kopf

Alles zur Betreutes Fühlen-Folge

Wir verbringen so viel Zeit in unseren vier Wänden und vergessen oftmals, was uns wirklich gut tut. Haben wir uns eine Welt geschaffen, für die der Mensch gar nicht gemacht ist? Wir verbringen immer weniger Zeit in der Natur, dabei können wir aus ihr vieles schöpfen: der Puls fährt runter, die Stimmung hebt sich und das Immunsystem wird gestärkt. Wir zeigen euch, warum wir mehr zu unseren natürlichen Wurzeln zurückkehren sollten.

Natur tut uns gut!

In den 1970er Jahren wurde die Natur vermehrt zum Forschungsgegenstand der Psychologie – und ist es seitdem geblieben. [1] Forscher:innen fragen sich: Warum tut uns die Natur so gut?

Eine riesige, britischen Studie mit 20.000 Teilnehmer:innen bestätigt, dass ein Leben im Grünen wesentlich glücklicher macht, als das Wohnen in einer städtischen Umgebung. [2]

Ein Spaziergang im Park reduziert Stress, fördert unsere Kreativität, tut unserem Körper gut, fördern häusliche Gemeinschaften und die Gesundheit unserer Kinder [3]. Und diese Wirkung setzt sogar schon dann ein, wenn wir nur ein Bild von einer grünen Landschaft anschauen. [4]

Natur fordert uns auch

Natur tut uns gut, aber sie stellt uns auch vor Herausforderungen. Und auch die, können wir für uns nutzen.

Sich mit Naturkräften zu messen ermöglicht uns, uns selbst und unsere Grenzen neu zu spüren – wenn man die Risiken beachtet, die diese Auseinandersetzung mit sich bringen kann. Besonders Extremsportler:innen kennen das. Unter anderem betonen sie durch ihren Sport, eine ausgeprägte Demut gegenüber der Natur entwickelt zu haben. [5]

Passieren Katastrophen, erkennen wir, wie mächtig die Natur ist und dass wir Verantwortung für sie tragen. [6]

Green Care Bewegung – zurück zur Natur

Der US-Publizist Richard Louv sprach bereits vor 10 Jahren von einem »Naturdefizitsyndrom« und betont seither immer wieder, dass Kindern durch die zunehmende Digitalisierung und Urbanisierung vor allem »Vitamin N« fehle – die Natur. Die »Green-Care-Bewegung« drängt darauf, Naturliebe als eine dringende Aufgabe der Erziehungs- und Bildungsarbeit weltweit zu definieren und unsere Beziehung zur Natur in die Mitte der Gesellschaft zu rücken. [7]

Ein ähnliches Ziel verfolgen Naturtherapien. Der Gestalttherapeut Prof. Dr. Hilarion G. Petzold ist hierzulande ein wichtiger Vertreter dieser Therapierichtung. Teil davon sind u.a. Meditationen im Grünen, gärtnern oder Lauftraining im Wald. Es geht darum, in der Natur etwas Körperliches zu tun.

Wie kommen wir der Natur im Alltag wieder näher? – 9 Tipps

1. Es braucht nicht viel

Eine Studie von Richard Fuller und Danielle Shanahan von der Universität Queensland zeigt: Versuchsteilnehmer:innen, die mindestens 30 Minuten pro Woche in einem Park spazieren gingen, hatten nicht nur bessere Herz-Kreislauf-Werte, sie waren auch weniger anfällig für Depressionen und Ängste als eine Vergleichsgruppe, die kaum Zeit im Grünen verbrachte. [8]

Empfehlung daraus von den Forschern: Wenn man pro Tag zehn Minuten in den Park geht, tut man etwas für seine Gesundheit – auch wenn man dort keinen Sport macht.

2. Wähle die »richtige« Natur

Unberührte Natur ist oft gar nicht so gut für uns, wie wir zunächst annehmen. Das sind letztlich undurchdringliche Urwälder, öde Wüsten oder Landschaften wie die Arktis – faszinierend, aber auch extrem unwirtlich.

Die Kriterien dafür, welche Umwelten wir als erholsam empfinden, hat der Umweltpsychologe Terry Hartig formuliert. Wichtig ist dabei etwa, dass sie uns das Gefühl geben, abseits des Alltags zu sein, und faszinierend und geheimnisvoll sind. Außerdem sollten sie unseren Bedürfnissen entsprechen, das heißt, man muss sich dort bewegen können, sie dürfen nicht zu undurchdringlich und unübersichtlich sein und es ist hilfreich, wenn es Wege und Pausenplätze gibt. Das ist in Parks, Wäldchen und anderen angelegten Grünflächen meist eher gegeben als in der Wildnis. [9]

3. Nimm ein Waldbad

In Korea, Japan und China findet sich das Shinrin-yoku, das »Waldbaden«.

Die Idee: Mit langsamen genussvollen Spaziergängen den Kopf durchlüften, die würzige Luft einatmen, die Augen entspannen, den Puls beruhigen, die Stimmung heben und nebenbei das Immunsystem stärken. [10]

4. Hol die Natur zu dir rein

Nicht immer können wir einfach so im Alltag kurz ein »Waldbad« nehmen. Hol deshalb die Natur zu dir.

Zimmerpflanzen machen schon einen Unterschied. Die norwegische Sozialpsychologin Ruth Raanaas zeigte in einer Studie mit Patient:innen, die sich nach einem Herzinfarkt oder einer Bypassoperation in einer Rehaklinik aufhielten, dass diese sich schneller und nachhaltiger erholten, wenn es Grünpflanzen in den Aufenthaltsräumen und Speiseräumen gab. [11]

5. Natursound auf die Ohren

Untersuchungen ergeben, dass bereits 60 Sekunden, in denen man Waldgeräuschen lauscht, zu einem höheren Grad an Entspannung führen können als geführte Sprachmeditationen. [12]

Tracks, die dir Waldkläge nach Hause bringen, gibt es zuhauf auf YouTube z.B. hier.

6. Sonnenlicht in Reserve

Wenn Du eine Lampe mit natürlichem Licht hast, ist jetzt die richtige Zeit, um sie rauzuholen. Wenn dein Körper wegen des Sonnenmangels nach Serotonin schreit, kann eine Lichttherapie deine Stimmung heben und dich an die kommenden Sommertage erinnern. [13]

7. Faszinierende Reise in die Natur mit Louie Schwartzberg

Der Filmemacher Louie Schwartzberg stellt Naturvideolandschaften in den Mittelpunkt seiner Arbeit. Er kreiert atemberaubende Zeitrafferfotografie, die auf seiner Website zu sehen sind und in Moving Art auf Netflix.

8. Grünes Büro

Keine Zeit zum Doku schauen oder Regenwald lauschen – keine Sorge! Du kannst dir immer noch etwas Natur an den Schreibtisch holen.

Eine Studie unter der Leitung von Magdalena van den Berg in Amsterdam ergab, dass die 46 Teilnehmer:innen, die sich bei der Arbeit grüne Bilder ansahen, ein deutlich niedrigeres Stressniveau aufwiesen als diejenigen, die dies nicht taten. [14]

Also: Verwende einen grünen Hintergrund oder einen Naturhintergrund für deinen Desktop. Hänge ein Naturposter ins Büro oder streiche eine Wand in einem beruhigenden Grünton.

9. Ab ans Wasser!

Schon mal entlang des Rheinufers spaziert? Eine explorative Fallstudie der Universität Bonn dokumentierte, dass Spaziergänger:innen am Kölner und Düsseldorfer Rheinufer eine emotionale Bindung gegenüber Wasser entwickelten. Manche berichteten von Gefühlen des Wohlbefindens, der Freiheit, Weite und
Transformation.
Andere fühlten sich inspiriert, ihre Fantasie frei wandern zu lassen oder sich mit Fragen von Sinn und Spiritualität zu befassen. [15]

Und eine Studie aus Malaysia stellte fest, dass das Plätschern von Wasser die Angst vorm Zahnarzt reduziert. [16] Also, das nächste Mal mit Wasserflasche im Gepäck Zähne ziehen lassen.


QUELLEN

[1] Spannende Infos zur Natur und Psychologie gibt es in Psychologie Heute Compact »Natur & Psyche«

[2] MacKerron, George and Mourato, Susana (2013) Happiness is greater in natural
environments. Global environmental change. ISSN 0959-3780
https://eprints.lse.ac.uk/49376/1/Mourato_Happiness_greater_natural_2013.pdf

[3] Atchley, R. A., Strayer, D. L., & Atchley, P. (2012). Creativity in the wild: Improving creative reasoning through immersion in natural settings. PloS one, 7(12), e51474.

Bell, A. C., & Dyment, J. E. (2008). Grounds for health: the intersection of green school grounds and health‐promoting schools. Environmental Education Research, 14(1), 77-90.

Frances E. Kuo, William C. Sullivan: Environment and crime in the inner city: Does vegetation reduce crime? Environment and Behavior, 33/ 9, 2001, 343–367. DOI: 10.1177/0013916501333002

Henk Staats, Terry Hartig: Alone or with a friend: A social context ofr psychololgical restaoration and environmental preferences. Journal of Environmental Psychology, 24/2, 2004, 199–211. DOI: 10.1016/j.jenvp.2003.12.005

Jolanda Maas u. a.: Green space, urbanity, and health: How strong is the relation? Journal of Epidemiology and Community Health, 60/7, 2006, 587–592.

[4] Brown, D. K., Barton, J. L., & Gladwell, V. F. (2013). Viewing nature scenes positively affects recovery of autonomic function following acute-mental stress. Environmental science & technology, 47(11), 5562-5569.

[5] Eric Brymer, Lindsay G. Oades: Extreme sports. A positive transformation in courage and humility. Journal of Humanistic Psychology, 49/1, 2009, 114–126. DOI: 10.1177/0022167808326199

[6] Psychologie Heute Compact »Natur & Psyche«

[7] Mehr zur Notwendigkeit mit der Natur zu leben im Buch von John J. Ratey, Richard Manning: Zivilisationskrank. Wie wir unsere biologische Natur mit dem modernen Leben versöhnen.

[8] Shanahan, D. F., Bush, R., Gaston, K. J., Lin, B. B., Dean, J., Barber, E., & Fuller, R. A. (2016). Health benefits from nature experiences depend on dose. Scientific reports, 6(1), 1-10.

[9] Psychologie Heute Compact »Natur & Psyche«

[10] Tsunetsugu, Y., Park, B. J., & Miyazaki, Y. (2010). Trends in research related to »Shinrin-yoku« (taking in the forest atmosphere or forest bathing) in Japan. Environmental health and preventive medicine, 15(1), 27-37.

[11] Ruth K. Raanaas u. a.: Effects of an indoor foliage plant intervention on patient well-being during a residential rehabilitation program. HortScience, 45/3, 2010, 387–392.

[12] Woodland sounds help relaxation more than meditation apps – study: https://www.theguardian.com/uk-news/2019/sep/13/woodland-sounds-help-relaxation-more-than-meditation-apps-study

[13] Virk, G., Reeves, G., Rosenthal, N. E., Sher, L., & Postolache, T. T. (2009). Short exposure to light treatment improves depression scores in patients with seasonal affective disorder: A brief report. International Journal on Disability and Human Development, 8(3), 283-286.

[14] Van den Berg, M. M., Maas, J., Muller, R., Braun, A., Kaandorp, W., Van Lien, R., ... & Van den Berg, A. E. (2015). Autonomic nervous system responses to viewing green and built settings: differentiating between sympathetic and parasympathetic activity. International journal of environmental research and public health, 12(12), 15860-15874.

[15] Voelker, S., & Kistemann, T. (2013). Reprint of: »I'm always entirely happy when I'm here!« Urban blue enhancing human health and well-being in Cologne and Düsseldorf, Germany. Social science & medicine, 91, 141-152.

[16] E. Brymer, E., & Oades, L. G. (2008). Evaluation of the Effect of Preoperative Natural Water Fountain Melody on Teenagers’ Behavior- Preliminary Study. Journal of Humanistic Psychology.

Kennst Du schon Leons Klub? Dort begibst Du Dich gemeinsam mit Leon, Expert:innen und anderen Mitglieder:innen auf eine spannende Reise in die Welt der Psychologie. 

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