Ja zum Nein

Alles zur Betreutes Fühlen-Folge

Es ist so schwer „NEIN“ zu sagen. Dabei gewinnt man viel. Zeit, Klarheit und die eigenen Grenzen zurück. Wir zeigen euch in dieser Folge, wie auch Ja-Sagern das Nein-Sagen gelingt. Dazu gibt’s noch Burn-On. Burn-Out kennt jeder, aber was ist Burn-On? In jedem Fall spannend. Also frohes Hören.

Burn On durch unklare Grenzen

Stress, Termindruck, familiäre Belastungen und eine enorme Komplexität im Arbeitsalltag – all das kann zum Burn Out-Syndrom führen. Das kennen die meisten von uns. Die Vorstufe davon ist laut dem Psychologen Timo Schiele und Prof. Dr. Bert te Wildt Burn On. Im Gespräch mit dem MDR erklärt Timo Schiele, dass Burn On einer chronischen Form einer Erschöpfungsdepression gleicht. Die Menschen würden weiterhin funktionieren, indem sie ihre Belastungsgrenze immer weiter nach oben verschieben. Ausführlich haben die beiden darüber 2021 in ihrem Buch »Burn On: Immer kurz vorm Burn Out« geschrieben.

Warum ist es so schwer, Nein zu sagen?

Wir sagen immer Ja, weil es grauenhaft ist, jemandem etwas abzusprechen. Die Sozialpsychologin Dr. Vanessa Bohns, Professorin für Organisational Behavior an der Cornell University in New York, schreibt in einem Forschungsbericht aus dem Jahr 2016: »Viele Menschen stimmen Dingen zu – sogar Dingen, die sie lieber nicht tun würden – nur um das beträchtliche Unbehagen zu vermeiden, Nein zu sagen.« [1] Nein sagen ist uns peinlich und wir fühlen uns sozial unter Druck gesetzt Ja zu sagen, so die Forschungsergebnisse von Francis Flynn und Vanessa Lake an der Columbia University in New York. [2] Wir unterschätzen, wie schwierig es für andere ist Nein zu sagen, auch bei unethischen Bitten, wie Vanessa Bohns in einer ihrer Studien 2014 herausfand. [3]

Lerne Nein sagen!

Kenne deine Roten Linien

Achte darauf, dass Du deine roten Linien nicht überschreitest. Körper und Psyche senden uns Warnsignale, die wir übersehen, wenn wir nicht hinsehen. Um sich davor zu schützen, hilft es, sich über die eigenen Warnzeichen bewusst zu werden. Wie merkst Du, dass Du gerade über deine eigenen Grenzen gehst? Diese Übung ist in ausführlicher Form Teil von Leons Master Class Gelassen Stark

Setze klare Grenzen

Vage Grenzen funktionieren nicht, sagt der amerikanische Psychologe Nick Wignall. [4] Formuliere deine Grenzen am besten entlang dieser Vorlage so exakt wie möglich: Wenn X eine bestimmte Handlung geschieht, wird Y eine bestimmte Handlung zur Folge haben. Kommuniziere deine Grenze auch in der Form an deine Mitmenschen. Dann ist es nicht nur für dich klar, sondern auch für dein Umfeld.

Lobe, wenn deine Grenzen respektiert werden

Leider werden viele Menschen ihr Verhalten nur ändern, wenn es Konsequenzen für dieses Verhalten gibt. [4] Das heißt aber nicht, dass Menschen nicht auch durch positive Verstärkung und Belohnung beeinflusst werden können. Wenn deine klar formulierte Grenze respektiert wird, zeige den Menschen dafür Anerkennung.

Verwechsle Grenzen nicht mit Moral

Viele Grenzen funktionieren nicht, weil wir sie als eine moralische Frage von richtig und falsch betrachten. Es geht bei Grenzen jedoch nicht darum, ob etwas moralisch richtig ist. Es geht viel mehr darum, ob das Verhalten einer anderen Person für dich ok ist oder nicht. Versuche, das auch so zu kommunizieren und nicht von moralisch richtig oder falsch zu sprechen. [4] 

Starte mit einfachen Szenarien

Es ist viel einfacher, gegenüber Fremden Nein zu sagen, als gegenüber jemanden, der oder die dir etwas bedeutet. Such dir daher zum Üben einfachere Szenarien mit fremden Menschen, z.B. wenn Leute dir am Telefon etwas verkaufen wollen.[5]

»Prokrastiniere« bei Bitten anderer Leute

Eine der Möglichkeiten, wie Menschen ausgenutzt werden, besteht darin, dass sie in die Enge getrieben werden. [6] Das passiert vor allem dann, wenn wir glauben sofort eine Entscheidung treffen zu müssen. Doch das ist in den meisten Fällen nicht der Fall. Man kann eine endgültige Entscheidung aufschieben.

Was kostet dein »Ja«?

Jemand bittet uns um etwas. Da es unangenehm sein kann, Nein zu sagen, denken wir in dem Moment viel lieber an die Vorteile, wenn wir Ja sagen, als an die Nachteile. Es macht Freude, über die Vorteile nachzudenken. Das Nachdenken über die möglichen Kosten und Nachteile ist jedoch das Gegenteil – es ist unangenehm und sogar beängstigend. Deshalb neigen wir dazu, es zu vermeiden. In jedem Fall muss man einen Weg finden, sich selbst dazu zu zwingen, immer sowohl die Kosten als auch die Vorteile des Ja-Sagens zu bedenken. [6]


QUELLEN

[1] Bohns, V. K. (2016). (Mis) understanding our influence over others: A review of the underestimation-of-compliance effect. Current Directions in Psychological Science, 25(2), 119-123.

[2] Flynn, F. J., & Lake, V. K. (2008). If you need help, just ask: Underestimating compliance with direct requests for help. Journal of personality and social psychology, 95(1), 128.

[3] Bohns, V. K., Roghanizad, M. M., & Xu, A. Z. (2014). Underestimating our influence over others’ unethical behavior and decisions. Personality and Social Psychology Bulletin, 40(3), 348-362.

[4] Wignall, N. (2021). 5 Rules for Setting Healthy Boundaries.

[5] Wong, K. (2017). Why You Should Learn to Say ‘No’ More Often. New York Times. 

[6]  Wignall, N. (2022). How to Stop People Pleasing.

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