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Manipulative Empathie 

Alles zur Betreutes Fühlen-Folge

Empathie ist wertvoll! Die Welt wäre besser, wenn wir emphatischer wären! Wer so denkt, übersieht die DUNKLE SEITE DER EMPATHIE. Empathie lässt sich nutzen, um Menschen zu manipulieren. Man fühlt sich in den anderen ein und beginnt dann, ihn von innen zu lenken. Manche beherrschen das so gut, dass es gar nicht auffällt. Wie schützt man sich? Woran erkennt man manipulative Empathie? Und kann man diese dunkle Fähigkeit selber trainieren? Die Psychologie kennt Antworten darauf und die verblüffen!

Haben Psychopath:innen Empathie?

Die Metaanalyse unter der Leitung von Carlos Campos an der University of Porto in Portugal wollte diese Frage klären. [1] Er und sein Team untersuchten den Zusammenhang von Psychopathie, antisozialem Verhalten und Empathie. Eine wichtige Erkenntnis aus der Studie ist, dass antisoziale und psychopathische Gruppen unterschiedliche Empathieprofile aufweisen. Die kognitive Empathie war in antisozialen Gruppen deutlicher beeinträchtigt, während Psychopathie-Gruppen stärker mit Defiziten in der affektiven Empathie verbunden waren. Das heißt, Psychopath:innen »berechnen« ihre Empathie, statt dass sie automatisch passiert. 

Psychopathische Kriminelle haben einen »Empathieschalter«

Psychopath:innen fehlt es nicht an Empathie, sondern sie können diese Fähigkeit nach Belieben einschalten, so eine Studie aus den Niederlanden. [2] In einem Gehirnscanner sahen sich psychopathische Straftäter Videos an, in denen eine Person eine andere verletzte, und wurden gebeten, sich in die Person einzufühlen, die Schmerzen hatte. Nur wenn die Psychopathen sich vorstellen sollten, wie sich der Schmerzempfänger fühlte, leuchtete der Bereich des Gehirns auf, der mit Schmerzen zu tun hat. Sonst nicht!

Christian Keysers, Hauptautor der Studie, sagt dazu: »Die vorherrschende Vorstellung war, dass es sich um gefühllose Menschen handelt, die nicht in der Lage sind, selbst Emotionen zu empfinden und daher auch nicht in der Lage sind, Emotionen bei anderen zu empfinden. Unsere Arbeit zeigt, dass es nicht so einfach ist. Es fehlt Psychopathen nicht an Empathie, aber sie haben einen Schalter, mit dem sie sie ein- und ausschalten können. Standardmäßig scheint er ausgeschaltet zu sein.«

The Dark Empath – der toxische Persönlichkeitstyp im Verborgenen

Das Team der Nottingham Trent University untersuchte die Persönlichkeiten von fast 1.000 Studienteilnehmer:innen und entdeckte einen weniger bekannten, aber dennoch toxischen Subtyp von Psychopathie: den »dunklen Empathen« (Dark Empath). [3] Diese dunklen Empathen setzten keine physische Gewalt ein oder missachten die Bedürfnisse und Wünsche anderer, um ihre Interessen zu verfolgen. Ihr Verhalten war eher heimtückisch, weniger offen aggressiv, aber dennoch destruktiv. 

Die dunklen Seiten der Empathie von Fritz Breithaupt

Empathie hat auf jeden Fall gute Seiten. Aber wir müssen unsere Vorstellungen daran zügeln, sagt Prof. Dr. Fritz Breithaupt. Der Professor für Kognitionswissenschaften und Germanistik an der Indiana University in Bloomington hat Empathie zu seinem Forschungsschwerpunkt gemacht. Der in Deutschland geborene Wissenschaftler hat dabei einen besonderen Blick auf diese Emotion und Persönlichkeitseigenschaft geworfen, die er in seinem Buch »Die dunklen Seiten von Empathie« zusammenfasst. Fritz Breithaupt warnt: »Empathie macht uns nicht zum besseren Menschen« und führt nicht zwangsweise dazu, dass wir anderen helfen, wenn diese in Not sind, wie er in einem Interview mit der SZ erklärt. 

Leon hat mit Fritz Breithaupt für seinen exklusiven WeMynd-Podcast »Gefragte Gedanken« gesprochen. Das gesamte Gespräch mit dem Professor und alle weiteren Folgen des Expert:innen-Podcasts findet ihr im Klub.

Zwei seiner fünf dunklen Seiten der Empathie sind besonders manipulativ:

Empathischer Sadismus

Ein krasses Beispiel hierfür ist die »empathische Vergewaltigung« und die Vorstellung, dass ein/e Vergewaltiger:in die Untat aus Empathie begehen könnte: um das Opfer in der Peinigung zu verstehen und mit ihm empathisch mitzufühlen. Empathie wird bei empathischem Sadismus um der Empathie willen evoziert und genossen, selbst dann (oder auch gerade dann), wenn der/die andere leidet.

Vampirismus

Eine andere moralisch gefährliche Variante von Empathie findet sich in den Formen des Vampirismus, wenn ein Mensch mittels anderer sein Erleben zu erweitern sucht. Ein derartiger Vampirismus kann sich bei Helikopter-Eltern und Bühnen-Müttern finden, die in ihren Zöglingen erleben wollen, was ihnen vielleicht selbst abgeht. Empathie wird im Falle des Vampirismus nicht so sehr zum Selbstzweck (wie im Falle der sadistischen Empathie), sondern zum Mittel zum Zweck der Intensivierung, Kompensierung oder Bereicherung des eigenen Erlebens.

Wie man einen dunklen Empathen erkennt

Die Untersuchungen der Nottingham Trent University ergaben folgende häufigen Manipulationsstrategien bei dunklen Empathen: [3]

- Gaslighting
- Love bombing
- Ghosting
- das Opfer spielen
- Sarkasmus
- Einschüchterung
- Gossiping

Manipulative Empathen brauchen Echoist:innen

Echoist:innen sind die klassischen Opfer von manipulativer Empathie. Echoist:innen sind gerne für andere da, wollen partout nicht im Mittelpunkt stehen, scheuen jede Anerkennung – und landen leicht mal bei Partner:innen mit narzisstischen Neigungen. Echoismus ist das Gegenteil von Narzissmus. [5] Eingeführt wurde der Begriff vom US-amerikanischen Psychotherapeuten und Harvard Psychologen Dr. Craig Malkin in seinem Buch »Rethinking Narcissism: The Bad-and Surprising Good-About Feeling Special« [6]

Tipps – Was tun bei empathischer Manipulation?

Wichtig: Es gibt nicht die eine Strategie. Empathische Manipulation durch ein Elternteil kann beispielsweise andere Herausforderungen mit sich bringen als der emotionale Missbrauch durch eine/n Partner:in. Die Auswirkungen können auch von emotionalen Ressourcen und dem Unterstützungsnetz des Opfers abhängen.

Zuerst ist wichtig, deine Empathie auf dich selbst zu verlagern. Wenn Du an deinem Selbstmitgefühl arbeitest, kannst Du dich ernst nehmen, die Manipulation erkennen und Schritte einleiten, um dem Ganzen ein Ende zu setzen. 

In Leons Klub ist das Thema Selbstmitgefühl ganz groß. Dort gibt Leon immer wieder Tipps, wie Du gut mit dir selbst umgehen kannst. Sei dabei!

Auch wenn’s schwer fällt: Trenne dich von den emotionalen Missbraucher:innen. Oft geht das nicht allein. Deshalb: Hilfe suchen! Unabhängig von der Art der Manipulation, die Du erlebst, kann ein Gespräch mit einer Fachkraft helfen. Es kann auch hilfreich sein, sich an jemanden zu wenden, der versteht, was Du gerade durchmachst, z.B. Freund:innen oder Familie.

Nicht zuletzt ist es wichtig, klare Grenzen zu setzen. Dazu gab es bereits eine Betreutes Fühlen-Folge von Leon und Atze. Hör gerne gleich mal rein


QUELLEN

[1] Campos, C., Pasion, R., Azeredo, A., Ramião, E., Mazer, P., Macedo, I., & Barbosa, F. (2022). Refining the link between psychopathy, antisocial behavior, and empathy: a meta-analytical approach across different conceptual frameworks. Clinical Psychology Review, 102145.

[2] Meffert, H., Gazzola, V., Den Boer, J. A., Bartels, A. A., & Keysers, C. (2013). Reduced spontaneous but relatively normal deliberate vicarious representations in psychopathy. Brain, 136(8), 2550-2562.

[3] Heym, N., Kibowski, F., Bloxsom, C. A., Blanchard, A., Harper, A., Wallace, L., ... & Sumich, A. (2021). The Dark Empath: Characterising dark traits in the presence of empathy. Personality and individual differences, 169, 110172.

[4] Gillette, H. (2022). How to Spot a Dark Empath. Psych Central

[5] Malkin, C. (2018). What Makes a Person an Echoist? Psychology Today

[6] Malkin, C. (2015). Rethinking Narcissism: The Bad-And Surprising Good-About Feeling Special. Harper Wave.

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