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Die Macht deiner Vergangenheit

Alles zur Betreutes Fühlen-Folge

Nostalgie galt lange als Krankheit. Heute ist sie voll im Trend. »Früher war alles besser«, stimmt sicher nicht. Doch das warme Gefühl des nostalgischen Blicks zurück, kennen viele. Alte TV-Sendungen werden wiederbelebt, wenn Robbie Williams' Angels läuft, singen alle mit und der Geschmack von Veltins V+ Curuba holt uns (oder zumindest Leon) zurück in die gute Zeit. Doch Atze sieht das alles ganz anders. Nostalgie birgt für ihn eine Gefahr. In seiner Vergangenheit lauern Abgründe.

Wir zerlegen für euch ein sehr mächtiges Gefühl, das uns unglaublich viel über die Macht unserer Vergangenheit verrät. 


Eintauchen in Leons Nostalgie

Es gibt einige Webseiten, die Töne der 90er gesammelt haben, z.B. wisst-ihr-noch.de oder 1000things.at. Ein spannender Podcast darüber, was frühere Stars heute machen ist »Was macht eigentlich...?« Mit Vergnügen, Lisa Golinski & Maxi Stumm. Ein YouTube-Kanal zum Schwelgen in Nostalgie ist thepeterson. Dort gibt’s Musik-Compilations von einzelnen Jahrgängen.


Woher kommt Nostalgie?

Im Jahr 1688 wurde der Begriff Nostalgie von dem Medizinstudenten Johannes Hofer geprägt. [1] Er beobachtete seltsame Krankheiten bei Schweizer Söldnern, die fern der Heimat kämpften: Müdigkeit, Schlaflosigkeit, Fieber, Verdauungsstörungen,... Die Symptome waren so schwer, dass einige nach Hause geschickt wurden oder sogar starben. »Nostalgie« wurde als tödliche Krankheit bezeichnet. [2] Der Begriff erweiterte sich von Heimweh auf eine generelle Sehnsucht nach der Vergangenheit. Anstatt als schreckliche Krankheit sah man sie nun als schmerzliche und angenehme Erfahrung. Mehr zum geschichtlichen Hintergrund findet ihr im spannenden TEDEd-Talk »Why do we feel nostalgia?«.

»Hach, früher war alles besser«-Gedanken

Diese Annahme kommt vor allem daher, dass man sich tendenziell nur an schöne Dinge erinnert, sagt Daniel Rettig, Autor von »Die guten alten Zeiten – Warum Nostalgie uns glücklich macht«. Dazu gibt es einen spannenden Spektrum-Artikel von Elisabeth Stachura.


Lifespan Retrieval Curve – Wofür fühlen wir uns nostalgisch und wofür nicht?

Die Lifespan Retrieval Curve ist ein Diagramm, das die Anzahl der autobiografischen Erinnerungen darstellt, die in verschiedenen Altersstufen gesammelt werden. Die Lifespan Retrieval Curve besteht aus drei Hauptkomponenten: einer Periode der kindlichen Amnesie, die sich von der Geburt bis zum Alter von etwa 5 Jahren erstreckt, einer Periode des verstärkten Erinnerns im Alter von 10 bis 30 Jahren, die als Reminiscence Bump bezeichnet wird, und einer Periode des Vergessens, die sich von der Gegenwart bis zum Beginn des Reminiscence Bump zurück erstreckt. [3] Besonders nostalgisch sind wir für Erinnerungen, die wir während der Reminiscence Bump sammeln. 


Wann werden Menschen nostalgisch?

Es gibt mehrere Theorien, weshalb wir uns nach alten Zeiten sehnen. Dr. Sascha Friesike ist Innovationsprofessorin an der Universität der Künste Berlin. Sie sagt im Gespräch mit Cosmopolitan, die heutige Sehnsucht nach alten Zeiten sei einer generellen Inflation geschuldet. Daniel Rettig erklärt gegenüber welt.de, dass Menschen eher in unsicheren Zeiten nostalgisch werden. Außerdem nehme Nostalgie zu, da Menschen immer älter werden und daher mehr Erinnerungen haben, die sie nostalgisch machen können.


Nostalgie erforscht

Wissenschaftlich setzt sich vor allem die University of Southampton mit Nostalgie auseinander. [4] Zum Beispiel haben sie eine Skala entwickelt, mit der man feststellen kann, wie nostalgisch man ist. Nostalgie, so die Forscher:innen, ist ein universelles Gefühl. Es kommt überall auf der Welt vor und zeigt sich bereits bei Kindern im Alter von 7 Jahren. Außerdem zeigen Untersuchungen, dass Nostalgie eine ausgleichende Wirkung hat, uns z.B. hilft sich in kalten Räumen wärmer zu fühlen. [5]


Die dunklen Seiten von Nostalgie

Kann Nostalgie auch schlecht sein? Daniel Rettig sagt ja. Er beschreibt in seinem Buch, wie so mancher historischer Konflikt durch Nostalgie gesteuert gewesen wäre. Außerdem setzen viele Unternehmen Nostalgie als Marketingtool ein, die uns an der Sentimentalität packen, schreibt Frank Behrendts im Stern-Artikel.


Tipp: »Was hat mein Leben bedeutet?« statt »Das waren noch Zeiten«

Eine Strategie, um nostalgisch zu sein, ohne den Wehmut der jetzigen vielleicht nicht so rosigen Zeit zu spüren ist, sich auf eine existenzielle Art und Weise auf die Vergangenheit zu konzentrieren. Die Frage »Was hat mein Leben bedeutet?« hilft dabei. [4]


QUELLEN

[1]  Hofer, Johannes (1688). Medical Dissertation on Nostalgia. Translated from Swiss by C. K. Anspach, Bulletin of the History of Medicine (1934), 2, 376-391.

[2] Stacey Menzel Baker and Patricia F. Kennedy (1994). Death By Nostalgia: a Diagnosis of Context-Specific Cases, in NA - Advances in Consumer Research Volume 21, eds. Chris T. Allen and Deborah Roedder John, Provo, UT : Association for Consumer Research, Pages: 169-174.

[3] Conway, M. A., & Haque, S. (1999). Overshadowing the reminiscence bump: Memories of a struggle for independence. Journal of Adult Development, 6(1), 35-44.

[4] Tierney, J. (2013). What Is Nostalgia Good For? Quite a Bit, Research Shows. New York TImes. 

[5] Zhou, X., Wildschut, T., Sedikides, C., Chen, X., & Vingerhoets, A. J. (2012). Heartwarming memories: Nostalgia maintains physiological comfort. Emotion, 12(4), 678.

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