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Die Psychologie der Astrologie

Alles zur Betreutes Fühlen-Folge

Am Ende des Jahres stellen wir uns die Frage: Was wird das nächste Jahr bringen? Manche schauen dafür in die Sterne. Horoskope sind im Trend und gleichzeitig spalten sie: Es gibt die Gruppe, die an Sternzeichen und Co. glaubt und es gibt die skeptische Front. Viel interessanter als die Frage, wer recht hat: Warum glauben wir an Horoskope? Was fasziniert uns so an der Sterndeutung? Und was sagt die Psychologie dazu, wenn die Astrologie uns einen Blick in die Zukunft verspricht?

Psychologisch steckt dahinter der »Barnum Effekt«

Wenn wir Zeitungshoroskope lesen, identifizieren wir uns immer bis zu einem gewissen Grad mit dem Beschriebenen. Das liegt am sogenannten »Barnum Effekt«, der nach seinem Entdecker, dem US-Psychologe Bertram R. Forer, auch »Forer Effekt« genannt wird. [1] In einem Experiment 1948 zeigte Forer, dass Persönlichkeitsanalysen immer zutreffend erscheinen, solange sie allgemein genug formuliert sind. [2] Es geht dabei um sogenannte Universalcharakteristiken, wie Forer sie in seinen 13 Barnum Statements beschreibt. Dass solche Barnum-Eigenschaften zutreffen, selbst wenn das zugrundeliegende Persönlichkeitsprofil zu einem Serienmörder gehört, zeigte der französische Psychologe und Statistiker Michel Gauquelin. [3]

Sogar Astrolog:innen sind sich weitestgehend einig, dass Zeitungshoroskope Quatsch sind und nur auf Leser:innen generieren möchten. [5]


Weitere Effekte, die Astrolog:innen nutzen, sind die Tendenz zur Selbstbestätigung (Confirmation Bias), Pseudoindividualisierung, der fundamentale Attributionsfehler und die subjektive oder persönliche Validierung. [4]

Horoskope im Trend? – Deutsche sind gespalten

Viele Medien schreiben davon, dass der Glaube an Sternzeichen und Astrologie ein zunehmender Trend ist. Laut einer gemeinsamen Umfrage von Statista und YouGov im Oktober 2021 interessieren sich ungefähr die Hälfte aller 2089 Befragten für Horoskope. Insgesamt glauben ca. 50 % an Horoskope, wobei der Anteil bei jüngeren Menschen höher ist. Verglichen mit einer Statista-Umfrage aus 2017 sind die Menschen damit gegenüber Horoskopen ein bisschen weniger skeptisch geworden. An einen Zusammenhang zwischen Sternzeichen und Persönlichkeit glauben Frauen deutlich mehr als Männer. 


Was ist Astrologie und wo sie her?

Die »Sternenlehre«, was Astrologie übersetzt bedeutet, reicht weit in die vorchristliche Zeit zurück. [6] Zu der Zeit noch Teilgebiet der Astronomie hat sie sich immer weiter hin zu einer »Kunstlehre« entwickelt. [7] Astrolog:innen betonen immer wieder die Komplexität von Horoskopen und dass viel mehr dazu gehört, als ein einzelnes Tierkreiszeichen. [8]


Gefahr von Horoskopen: Hohe Abtreibungsquote in Japan wegen ungünstigem Horoskop?

Im Jahr 1966 gab es in Japan eine ungewöhnlich hohe Abtreibungsrate. Dies lässt sich weder auf medizinische Ursachen, noch auf ökonomische oder soziale Gründe zurückführen. Am wahrscheinlichsten für diesen sprunghaften Anstieg an Abtreibungen alleinig in diesem Jahr ist Hinoe-Uma, das Jahr des Feuerpferdes. Nach chinesisch-japanischem Kalender findet das Jahr vom Feuerpferd alle sechzig Jahre statt. Es ist ein schlechtes Zeichen, in diesem Jahr als Mädchen geboren zu werden, denn das Tierkreiszeichen des Feuerpferdes bedeutet, dass dieses Mädchen laut astrologischer Deutung Unheil bringt, indem es zu einer temperamentvollen, herrschsüchtigen Frau heranwächst. [9] Dies zeigt die extremen Auswirkungen, die der Glaube an Horoskope haben kann. 


Astrologie und Wissenschaft – keine Freunde

Astrologie ist nicht wissenschaftlich. Das sagen sogar Befürworter:innen der Astrologie. [10] Astrologische Prinzipien sind sehr schwer nach wissenschaftlichen Standards erfassbar, weil jedes Individuum einzeln betrachtet werden muss. Wenn jeder Fall ein Einzelfall ist, dann gibt es keine Zusammenhänge mehr zu beweisen, schreibt SWR3 richtig. [5]

Es gibt zwar Studien, die darauf hindeuten, dass Astrolog:innen keinen Zusammenhang zwischen Sternzeichen und Persönlichkeit aufzeigen können [11], diese Ergebnisse seien aber laut Astrolog:innen verzerrt dargestellt worden. [12]
Eine groß angelegte Studie mit 15.000 Teilnehmer:innen zeigte ebenfalls keinen Zusammenhang zwischen Sternzeichen und Charakter. [13]
Andererseits gibt es wiederum eine Studie mit 700.000 Ehepaaren, die einen Zusammenhang von Sternzeichen und Beziehung fand. [14]

Diese Befunde zeigen: Über einen Zusammenhang kommen wir bei der astrologisch-psychologischen Forschung nicht hinaus. Ursachenforschung wurde bisher keine betrieben. 


Warum glauben wir an Horoskope?

Horoskope helfen uns im Kern mit Stress und Unsicherheit umzugehen. [15] Das zeigen auch Studien: In unsicheren Zeiten, wenden wir uns gerne an das Paranormale. [16] Astrologie hilft uns, unser Selbst zu erfassen, eine Ordnung und ein Narrativ in unser Leben zu bringen, auch wenn es nur eine Scheinsicherheit sein mag. [17]

Außerdem zeigt eine Studie, dass es auch auf Persönlichkeitseigenschaften ankommt, ob wir an Horoskope glauben. [18]


Prospektion – Wir alle denken über unsere Zukunft nach, das ist gut so

Wenn wir uns mit Astrologie beschäftigen, liegt der Fokus meist auf unserer Zukunft. Was bringen die Sterne im neuen Jahr? Zukunftsdenken, in der Psychologie »Prospektion« genannt, ist nicht nur menschlich, sondern kann auch sehr wichtig für uns sein. [19] Prospektion kann uns helfen, umsichtigere Entscheidungen zu treffen, unsere Ziele zu erreichen, unser Wohlbefinden zu steigern und hilfsbereiter zu werden. Es gibt sogar eine »Future Directed Therapy«, die die Teilnehmer:innen dazu veranlasst, weniger Zeit mit der Vergangenheit oder mit aktuellen Problemen zu verbringen und stattdessen den Blick in die Zukunft zu richten. Denn dort können wir aktiv etwas verändern.

 

Was sind bessere Alternativen zu Horoskopen?

Eine fundiertere Kategorisierung als die nach Horoskopen ist die nach den Big Five. Das Big Five Modell der Persönlichkeit beschreibt die individuellen Eigenschaft von Menschen anhand der fünf Dimensionen: Extraversion, Verträglichkeit, Gewissenhaftigkeit, Emotionale Stabilität und Offenheit. An der Uni Leipzig kann man kostenlos einen wissenschaftlichen Persönlichkeitstest machen, dem die Big Five zugrunde liegen.

Das Interesse und der Glaube an Horoskope geht stark mit unseren Unsicherheiten und Kontrolle einher. Besonders wenn wir kaum ein inneres Kontrollerleben haben (Inner Focus of Control), wenden wir uns zu Horoskopen. Dieses innere Kontrollerleben können wir stärken, indem wir uns bewusst machen, welche Ereignisse unseres Lebens in unserer eigenen Hand liegen. [20]


QUELLEN

[1] Forer-Effekt. Dorsch – Lexikon der Psychologie. 

[2] Forer, Bertram R. (1949). The fallacy of personal validation: a classroom demonstration of gullibility.. The Journal of Abnormal and Social Psychology, 44(1), 118–123.

[3] Michel Gauquelin: Dreams and Illusions of Astrology. Glover & Blair, London 1980, ISBN 978-0-906681-04-6.

[4] Pardo, E. (2022). The psychology behind why we believe in horoscopes. DW.

Astrologie – Warum so viele Menschen an Horoskope glauben. Gehirn & Geist: Das Magazin für Psychologie und Hirnforschung.

[5] Bernhardt, T. (2021). Jahreszeit der Geburt hat Einfluss auf Partnerwahl. SWR3.

Neber, I. (2022). Horoskope – warum sie irgendwie immer zutreffen. National Geographic.  

[6] Frimmer, V. (2016). Warum Astrologie Unsinn ist – und man trotzdem dran glaubt. Welt. 

[7] Neber, I. (2022). Horoskope – warum sie irgendwie immer zutreffen. National Geographic.  

[8] Astrologie: Warum dein Horoskop keine Glaubenssache ist. inFranken.de

[9] Kaku, Kanae (1975). Increased induced abortion rate in 1966, an aspect of a Japanese folk superstition. Annals of Human Biology, 2(2), 111–115.

[10] Downing, S. (2014). Why smart people believe in astrology. Nine.com 

[11] Carlson, S. (1985). A double-blind test of astrology. Nature, 318(6045), 419-425.

[12] Currey, R. (2011). U-turn in Carlson’s astrology test?. Correlation, 27(201), 1.

[13] Hartmann, P., Reuter, M., & Nyborg, H. (2006). The relationship between date of birth and individual differences in personality and general intelligence: A large-scale study. Personality and Individual Differences, 40(7), 1349-1362.

[14] Lenz, D. (2013). Statistik spricht für Partnerwahl nach Sternzeichen. Forschung und Wissen. 

[15] Rakshit, D. (2020). Why Do People Still Believe In Astrology? The Swaddle. 

[16] Tyson, G. A. (1982). People who consult astrologers: A profile. Personality and Individual Differences, 3(2), 119-126.

Šrol, J., Ballová Mikušková, E., & Čavojová, V. (2021). When we are worried, what are we thinking? Anxiety, lack of control, and conspiracy beliefs amidst the COVID‐19 pandemic. Applied cognitive psychology, 35(3), 720-729.

[17] MAITHINK X. (2022). Ob das Schicksal in den Sternen steht. ZDF. 

[18] Andersson, I., Persson, J., & Kajonius, P. (2022). Even the stars think that I am superior: Personality, intelligence and belief in astrology. Personality and Individual Differences, 187, 111389.

[19] Allen, S. (2019). How Thinking About the Future Makes Life More Meaningful. Greater Good Magazine. 

[20] Cherry, K. (2022). Locus of Control and Your Life. Verywell Mind. 

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